Bonner Erklärung: „Gestärkt aus der Krise - Die Exklusivvermittler zukunftsfähig machen“
Die Vorsitzenden der Vertretervereinigungen der deutschen Versicherungsunternehmen, das Präsidium des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK) sowie die Vorstände des Arbeitskreises Vertretervereinigungen der Deutschen Assekuranz e.V. (AVV), die zusammen mehr als 40.000 Versicherungsvermittler in Deutschland repräsentieren und damit die weitaus größte Interessenvertretung der Versicherungs- und Bausparkaufleute in Deutschland und Europa sind, verabschiedeten in Bonn die nachstehenden Positionen.
1. Corona-Pandemie
Die anhaltende Corona-Pandemie hat auch die Versicherungsvermittler hart getroffen. Eine Mitgliederbefragung des BVK zur Hochphase der Pandemie im April 2020 ergab, dass
die Schließungen von Gewerbebetrieben, das Kontaktverbot und die allgemeine Unsicherheit bei 2/3 der 1.628 befragten Vermittler zu deutlichen Umsatzeinbußen von durchschnittlich knapp 38 Prozent geführt haben. Viele Vermittler werden die Einnahmeverluste voraussichtlich erst zeitversetzt mit voller Wucht zu spüren bekommen, weil sich Umsatzverringerungen im folgenden Jahr manifestieren und verstärken werden. Daher hat sich der BVK schon früh im Namen der deutschen Vermittler für finanzielle Hilfen für den Berufsstand bei der Politik auf verschiedenen Wegen eingesetzt. Neben einem Brief an Bundeskanzlerin Merkel nahm BDWi- und BVK-Präsident Michael H. Heinz an zwei Videokonferenzen mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier teil und setzte sich dabei für die Interessen der Vermittler ein. Zudem wurde eine erfolgreiche Online-Petition mit anderen Verbänden beim Deutschen Bundestag initiiert. Bereits zu Beginn der Pandemie wurde umgehend das Beratungsangebot des BVK zu den Corona-Hilfen ausgebaut.
Nun ist die erste Schockwelle etwas abgeflaut. Dieser Zeitpunkt sollte von den Vermittlern nun intensiv genutzt werden, um sich auf mögliche weitere Folgen der Krise vorzubereiten. Hierzu zählt neben den betriebswirtschaftlichen Fragen insbesondere das Thema „Digitalisierung“.
Die Vermittler fordern von den politischen Entscheidungsträgern, die schwierige Situation der Vermittler angemessen zu berücksichtigen und die Soforthilfe hinsichtlich der nachgelagerten Liquiditätsproblematik der Vermittler anzupassen.
2. Digitalisierung
Vermittler, die bereits über Online-Beratungs-Tools und digitale Antragsstrecken verfügen, sind in der Krise klar im Vorteil. Für alle anderen Vermittler ist spätestens jetzt die Zeit gekommen, beim Thema „Digitalisierung“ aufzuholen und die diversen Angebote der digitalen Vertriebsunterstützung zu nutzen. Spätestens mit der Krise sollte nun allen Vermittlern klar geworden sein, dass die Digitalisierung zentraler Wettbewerbsfaktor ist. Die Exklusivvermittler sind überwiegend auf die digitalen Angebote der Versicherer angewiesen.
Die Vermittler appellieren daher an die Versicherer, diese Angebote weiter auszuweiten und den digitalen Datenaustausch zwischen Vermittlern und Versicherern, vor allem auch zwischen Vermittlern und Kunden, weiter voranzutreiben. Dies bietet Chancen, die Exklusivvermittler zukunftsfähig aufzustellen und gestärkt die Krise zu überwinden. Dabei sollten die Versicherer jedoch stets die Interessen der Vermittler berücksichtigen. Die Vermittler betonen, dass die (hybride) persönliche Beratung weiterhin der wichtigste Vertriebskanal ist und bleiben wird. Gemeinsam müssen auch Lösungen beim Thema „Vergütung“ gefunden werden, die dem geänderten hybriden Kundenverhalten Rechnung tragen und den Vermittlern eine auskömmliche Vergütung gewährleisten. Dabei sollte wie üblich der Grundsatz "Provision folgt Prämie" gelten.
Die Vermittler fordern von der Versicherungswirtschaft, die Vermittlerinteressen bei der digitalen Transformation angemessen zu berücksichtigen.
3. Regulierung
Die Regulierung des Versicherungsvertriebs wird auch trotz der Corona-bedingten Einkommenseinbußen weiter vorangetrieben. Zwar ist das Thema „Provisionsdeckel“ inzwischen etwas in den Hintergrund geraten, doch vom Tisch sind die Pläne damit nicht. Auch die Übertragung der Aufsicht über Finanzanlagenvermittler auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wird trotz des Eingeständnisses von gravierenden Kostensteigerungen, unklaren Personalkapazitäten bei der BaFin, doppelten Aufsichtsstrukturen, und damit höheren Kosten für viele Versicherungsvermittler, von der Politik weiter vorangetrieben. Dies lehnen die deutschen Vermittler ab. Anstatt der BaFin weitere Aufgaben zu übertragen, plädieren die Vermittler weiterhin für die bewährte IHK-Aufsicht und eine einheitliche Zuständigkeit der IHK-Organisation. Die Forderung der BaFin nach mehr Befugnissen, und damit nach noch mehr Regulierung, lehnen die Vermittler entschieden ab.
Der BVK fordert von den politischen Entscheidungsträgern, insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse, die Vermittler nicht mit einer weiteren Regulierungswelle weiter zu belasten. Es ist an der Zeit, bestehende Regulierung zu evaluieren und den Mittelstand deutlich zu entlasten.
4. Bundestagswahlen 2021
Der BVK wird im Namen der Vermittler wieder Wahlprüfsteine an alle im Bundestag vertretenen Parteien im Vorfeld der Bundestagswahl 2021 versenden und die Antworten der Parteien rechtzeitig vor der Wahl veröffentlichen. Damit erhalten die Vermittler eine fundierte Entscheidungsgrundlage hinsichtlich der politischen Berücksichtigung der Vermittlerinteressen. Neben Themen wie der stärkeren Förderung der privaten Altersvorsorge wird dabei das Thema „Regulierung“ ein Schwerpunkt sein.
Die Versicherungsvermittler appellieren an alle Parteien, die Vermittlerthemen bereits in ihren Wahlprogrammen positiv zu berücksichtigen und deutlich auf das Thema Entbürokratisierung zu setzen.
5. Entlastung des Mittelstands
Der Mittelstand ist ein wichtiges Fundament der deutschen Wirtschaft. Die mittelständisch geprägten Vermittlerbetriebe leisten einen wichtigen sozialpolitischen Auftrag. Der Versicherungsvermittler vermittelt den Versicherungsnehmern Lösungen für die Schließung der Lücken in den sozialen Sicherungssystemen. Die Vermittler weisen darauf hin, dass der Berufsstand an seiner Belastungsgrenze angekommen ist. Weitere Regulierungen und Berufseinschränkungen der Vermittler schaden dem Mittelstand insgesamt. Dies können die Versicherungsvermittler angesichts der Einbußen durch die Corona-Pandemie nicht verkraften, um noch auskömmlich wirtschaften zu können.
Die Vermittler fordern als wichtiger Teil des Mittelstands mit hoher sozialpolitischer Bedeutungnun eine Zeit zum Durchatmen und ein Absehen von weiteren regulatorischen Maßnahmen.
6. Private Altersvorsorge
Die politisch in der derzeitigen Legislaturperiode beabsichtigte Stärkung der privaten Altersvorsorge lässt leider weiter auf sich warten. Die stärkere Förderung der privaten Altersvorsorge ist auch angesichts der Folgen der Corona-Pandemie nötiger denn je. Arbeitnehmer, die nun Kurzarbeitergeld erhalten, müssen auch Einschnitte bei der Höhe ihrer gesetzlichen Rente befürchten. Die Vermittler begrüßen, dass es offenbar erste Gespräche zur Reform der Riester-Rente gibt. Für den Erfolg der Riester-Reform ist die Einbeziehung der wertvollen Erfahrungen der Vertriebsexperten unabdingbar. Die Vermittler werden ihre Kunden letztlich vom Nutzen eines neuen Produkts nur überzeugen, wenn sie guten Gewissens dahinterstehen. Ihre frühzeitige Einbeziehung bietet der Versicherungswirtschaft die Chance, direkt über die Vermittler als Multiplikatoren eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung zu erzielen.
Die Vermittler fordern von der Versicherungswirtschaft und der Politik, den BVK als größten Vermittlerverband in die Diskussion um eine Reform der Riester-Rente frühzeitig miteinzubeziehen, damit die Erfahrungen und Interessen der Versicherungsvermittler angemessen berücksichtigt werden.
7. Forderungen
- Die Vermittler fordern von den politischen Entscheidungsträgern, die schwierige Situation der Vermittler angemessen zu berücksichtigen und die Soforthilfe hinsichtlich der nachgelagerten Liquiditätsproblematik der Vermittler anzupassen.
- Die Vermittler fordern von der Versicherungswirtschaft, die Vermittlerinteressen bei der digitalen Transformation angemessen zu berücksichtigen.
- Der BVK fordert von den politischen Entscheidungsträgern, insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse, die Vermittler nicht mit einer weiteren Regulierungswelle weiter zu belasten. Es ist an der Zeit, bestehende Regulierung zu evaluieren und den Mittelstand deutlich zu entlasten.
- Die Versicherungsvermittler appellieren an alle Parteien, die Vermittlerthemen bereits in ihren Wahlprogrammen positiv zu berücksichtigen und deutlich auf das Thema „Entbürokratisierung“ zu setzen.
- Die Vermittler fordern als wichtiger Teil des Mittelstands mit hoher sozialpolitischer Bedeutung nun eine Zeit zum Durchatmen und ein Absehen von weiteren regulatorischen Maßnahmen.
- Die Vermittler fordern von der Versicherungswirtschaft und der Politik, den BVK als größten Vermittlerverband in die Diskussion um eine Reform der Riester-Rente frühzeitig miteinzubeziehen, damit die Erfahrungen und Interessen der Versicherungsvermittler angemessen berücksichtigt werden.
Bonn, den 25.09.2020